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William Gibson & Bruce Sterling: Die Differenzmaschine

Lesezirkel Klassiker April 2012 Steampunk

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54 Antworten in diesem Thema

#1 methom

methom

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Geschrieben 31 März 2012 - 09:39

Wir lesen den Roman, mit dem laut Amazon-Beschreibungsseite "der Steampunk erfunden wurde".

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Achtung, erst ab 06. April verfügbar!

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Los geht's am 01. April 2012, kein Scherz.

Viel Spaß!

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#2 Trace

Trace

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Geschrieben 03 April 2012 - 21:30

So bin bei Seite 69. Es hat sich gut lesen lassen. Ich finde die Stimmung recht düster. Aber vielleicht war das Leben zu der Zeit halt so. Die Geschichte um Texas und den General Houston stimmen wohl soweit. Die große Nähe zu geschichtlichen Ereignissen ist wohl ein Merkmal von Steampunk, oder?!? Ich bin mal gespannt, was es noch alles mit den Lochkarten auf sich hat.

#3 klox

klox

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Geschrieben 04 April 2012 - 17:28

Ich bin mit der ersten Iteration (=Kapitel?) durch, also auf Seite 111. Mir ist noch nicht ganz klar welche Rolle Sybil Gerard, Sam Housten und die anderen Personen in der Geschichte noch spielen werden (sofern sie überlebt haben). Auch die historischen Hintergründe habe ich bisher nicht überprüft (Danke an den Hinweis von Limonaut zu Sam Housten!). Mich würde interessieren welche Personen und Ereignisse aus der realen englischen Geschichte dort aufgegriffen worden sind. Die Geschichte selbst ist ganze interessant. Das Verhalten von Sybil Gerard erscheint glaubwürdig. Die Dinge aus der Sicht einer gefallenen Revolutionärstochter zu erzählen ist interessant, allerdings bleiben dabei doch ein wenig die größeren Zusammhänge auf der Strecke. Bisher hat mich die Story noch nicht so richtig gepackt. Es mag sein das die Steampunk Elemente vor 20 Jahren noch frischer waren und heute schon ein wenig abgenutzt wirken.

Bearbeitet von klox, 04 April 2012 - 17:29.


#4 methom

methom

    Teetrinkonaut

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Geschrieben 05 April 2012 - 12:08

Ich sehe, ich bin mal wieder viel zu langsam, die Diskussion wird an mir vorbeigehen. Habe erst so vielleicht 15 Seiten, die ich aber bislang ganz stimmungsvoll fand. Nur warum das Werk mit einer Szene im Landhaus beginnt und dann eine Rückblende erzählt wird, wird sich mir hoffentlich noch zwingend erschließen. (Ohne zwingenden Grund hasse ich diesen "Kunstgriff" nämlich.) Ein interessantes Detail aus dem Vorwort von Cory Doctorow aus der englischsprachigen 20th-Anniversary-Edition: Sterling und Gibson haben das Buch geschrieben, indem sie sich per FedEx Disketten hin und her geschickt haben. Bin ich froh über den technischen Fortschritt in den letzten 20 Jahren. Ansonsten sieht Doctorow in dem Buch nicht die Grundsteinlegung des Steampunk (dazu habe es zu wenig Beachtung gefunden), sondern eine Vorhersage der Autoren, dass es einmal so etwas wie Steampunk geben würde.

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#5 Gamera

Gamera

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Geschrieben 05 April 2012 - 14:18

Kann ich noch beim Lesezirkel einsteigen? Durch eure Beiträge habe ich Lust bekommen, mich mit dem Buch zu befassen - allerdings müsste ich es mir noch fix besorgen.

#6 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 05 April 2012 - 16:47

Ich sehe, ich bin mal wieder viel zu langsam, die Diskussion wird an mir vorbeigehen. Habe erst so vielleicht 15 Seiten, die ich aber bislang ganz stimmungsvoll fand. Nur warum das Werk mit einer Szene im Landhaus beginnt und dann eine Rückblende erzählt wird, wird sich mir hoffentlich noch zwingend erschließen. (Ohne zwingenden Grund hasse ich diesen "Kunstgriff" nämlich.)

Ein interessantes Detail aus dem Vorwort von Cory Doctorow aus der englischsprachigen 20th-Anniversary-Edition: Sterling und Gibson haben das Buch geschrieben, indem sie sich per FedEx Disketten hin und her geschickt haben. Bin ich froh über den technischen Fortschritt in den letzten 20 Jahren. Ansonsten sieht Doctorow in dem Buch nicht die Grundsteinlegung des Steampunk (dazu habe es zu wenig Beachtung gefunden), sondern eine Vorhersage der Autoren, dass es einmal so etwas wie Steampunk geben würde.


Nach gut 350 Seiten neige ich dazu Doctorow insofern zuzustimmen, das der bisherige Inhalt für meine Begriffe nicht unbedingte Beachtung verdient. Irgendwie hatte ich von einem Roman wo Sterling/Gibson drauf steht deutlich mehr erwartet. Ganz nett aber noch nicht mehr. Hinzu kommt noch eine leichte Verwirrung ob der Erzählstränge meinerseits. Die gute alte Zeit habe ich bei Siegfried Langers Berlin der Jahrhundertwende auch zuletzt schon besser gelesen. Teilweise ganz nett, vor allem die Paralellwelterzählstränge aber der glühende Funke bei der Beschreibung Londons will bei mir nicht überspringen was schade ist.. Überhaupt drängt sich mir der Roman viel stärker als Alternate-History denn als Steampunk auf. Wobei mir natürlich klar ist, das eine schliesst das andere nicht aus.

#7 Seti

Seti

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Geschrieben 05 April 2012 - 18:31

So, heute hab ich dann auch angefangen...

Ich sehe, ich bin mal wieder viel zu langsam, die Diskussion wird an mir vorbeigehen. Habe erst so vielleicht 15 Seiten, die ich aber bislang ganz stimmungsvoll fand.

Ich bin auch noch nicht viel weiter. Wir können ja die Diskussions-Nachhut bilden Eingefügtes Bild
In diesem Sinne...

Kann ich noch beim Lesezirkel einsteigen? Durch eure Beiträge habe ich Lust bekommen, mich mit dem Buch zu befassen - allerdings müsste ich es mir noch fix besorgen.

...kann Anke sich uns ja dann auch noch anschließen. Eingefügtes Bild

Nur warum das Werk mit einer Szene im Landhaus beginnt und dann eine Rückblende erzählt wird, wird sich mir hoffentlich noch zwingend erschließen. (Ohne zwingenden Grund hasse ich diesen "Kunstgriff" nämlich.)

Ich glaube, dass die Einleitung eher eine Vorblende (heißt das so? Eingefügtes Bild ) ist und alles, was danach kommt, die eigentliche Erzählung. Aber wahrscheinlich ist das Ansichtssache.

Bisher gefällt mir der Einstieg ganz gut. Sofern ich das nach weniger als 30 Seiten beurteilen kann. Schade, dass ich bis dato noch kein Buch von Sterling gelesen habe, denn den Vergleich, wer von beiden was geschrieben hat, fänd ich ganz interessant - nur ohne Kenntnis von Sterlings Schreibstil ist das ziemlich unmöglich. Die Einleitung in Cherbourg 'schreit' aber zumindest regelrecht nach Gibson.

"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

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#8 methom

methom

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Geschrieben 05 April 2012 - 18:59

Kann ich noch beim Lesezirkel einsteigen? Durch eure Beiträge habe ich Lust bekommen, mich mit dem Buch zu befassen - allerdings müsste ich es mir noch fix besorgen.

Wie auch Seti schon schrieb: na klar. Uns holst du locker ein ;)

Ich bin auch noch nicht viel weiter. Wir können ja die Diskussions-Nachhut bilden Eingefügtes Bild
In diesem Sinne...
...kann Anke sich uns ja dann auch noch anschließen. Eingefügtes Bild

:thumb:

Ich glaube, dass die Einleitung eher eine Vorblende (heißt das so? Eingefügtes Bild ) ist und alles, was danach kommt, die eigentliche Erzählung. Aber wahrscheinlich ist das Ansichtssache.

Ist wohl eine Frage der Perspektive. Aber die Frage bleibt die selbe: wieso?

Schade, dass ich bis dato noch kein Buch von Sterling gelesen habe, denn den Vergleich, wer von beiden was geschrieben hat, fänd ich ganz interessant - nur ohne Kenntnis von Sterlings Schreibstil ist das ziemlich unmöglich. Die Einleitung in Cherbourg 'schreit' aber zumindest regelrecht nach Gibson.

Ich habe vor Ewigkeiten mal eine Kurzgeschichtensammlung von Gibson gelesen. Das war es dann aber auch schon an Vorbildung hinsichtlich dieser beiden Autoren. Daher kann ich dir da sicherlich kein Stück weiterhelfen ;)

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#9 klox

klox

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Geschrieben 10 April 2012 - 17:17

Nach Iteration 2 und 3: Seitdem sich die Geschichte auf Mallory konzentriert finde ich das Buch viel interessanter. Es gibt immer noch einige Längen, wenn politische Umstände oder Technologien erklärt werden, aber selbst das ist ja nicht völlig uninteressant. Der Ausbruch der Anarchie in London ist ein interessanter neuer Aspekt. Was Mallory mit seinen beiden Brüdern und Fraser im Süden der Stadt herausfinden wird, bringt auch endlich ein konkretes Ziel ins Blickfeld.

#10 Trace

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Geschrieben 10 April 2012 - 17:25

So habe jetzt die 3. Iteration fertig gelesen und ich hätte mir mehr Beschreibungen über die Technik gewünscht oder das die Hauptfiguren mehr damit zu tun haben. Bis jetzt sind die Nutzung von "Rechenmaschinen" oder Dampfmaschinen jeglicher Art eher dünn gesäht. Es sind mehr interessante "Kriminalgeschichten". Die Geschichten sind interessant, unterhaltsam und ließen sich gut lesen. Interessant finde ich die Anregung von Herrn Oliphant auf Seite 141, dass man die zur Verfügung stehende Rechenleistung einsetzten könnte, um Untersuchungen über die Gesellschaft anzustellen. Ich vermutet das, da ein wenig die Überlegung dahinter steckt mit genügend Rechenleistung könnten man die Entwicklung der Gesellschaft voraussagen. Leider habe ich nur das ungute Gefühl, dass dieser Gedanke nicht fortgesetzt oder in die Tat umgesetzt wird. Die Frage von methom warum das Buch mit einer Vorblende beginnt, beschäftigt mich jetzt auch etwas, da die Frau nach dem Ende der 1. Iteration nicht mehr erwähnt wurde. Da kommt doch bestimmt noch etwas, sonst wäre die Vorblende doch völlig überflüssig gewesen.

#11 Seti

Seti

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Geschrieben 10 April 2012 - 19:40

Die erste Iteration habe ich jetzt gelesen und die zweite auch fast...

Insgesamt finde ich das Setting stimmungsvoll beschrieben und bis auf eine Ausnahme fühlte ich mich auch gut in ein alternatives London des 19.Jahrhunderts versetzt. Die erwähnte Ausnahme war, als ich den Satz "er hatte sie zweimal auf der Chaiselongue [...] gefickt" las. Nicht, dass ich ein Problem mit der Wortwahl hätte, aber irgendwie passte das nicht ins Bild - selbst für eine Prostituierte wie Sybil Gerard.

Am Ende der ersten Iteration hätte ich mir ein wenig mehr Klarheit gewünscht, vor allem was es mit den ominösen Lochkarten auf sich hat - einerseits denen, die Sybil nach Paris schickt und denen, die General Houston seinem eigenen Protegé stiehlt (warum eigentlich?). Aber ich hoffe, dass der weitere Verlauf etwas Licht ins Dunkel bringt. Auch wenn mittlerweile die Hauptperson gewechselt hat und dieser Teil wohl einige Monate oder Jahre später spielt (das schließe ich zumindest aus der Tatsache, dass Professor Rudwick, mit dem sich Mick Radley im ersten Teil einmal trifft, im zweiten Teil verstorben ist)

Die Frage von methom warum das Buch mit einer Vorblende beginnt, beschäftigt mich jetzt auch etwas, da die Frau nach dem Ende der 1. Iteration nicht mehr erwähnt wurde. Da kommt doch bestimmt noch etwas, sonst wäre die Vorblende doch völlig überflüssig gewesen.

Vielleicht hat der Beginn wirklich noch eine tiefere Bedeutung.

Vielleicht sollte dieser Vorblick aber nur zeigen bzw. vorwegnehmen, dass Sybil Gerard sich letztenendes mit den Diamanten des Generals ein schönes neues Leben in Frankreich aufbauen konnte. Und diese Szene steht nur deshalb zu Beginn des Buches, weil Gibson und Sterling für das Ende der ersten Iteration schon eine ähnliche Szene (ähnlich wegen der Kameraaufnahme) vorgesehen hatten, d.h. es geht einfach nur darum, zu zeigen, was aus Sybil Gerard wird, nachdem sie aus der Handlung verschwindet.

Seti

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#12 methom

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Geschrieben 12 April 2012 - 21:53

Die erste Iteration habe ich jetzt gelesen und die zweite auch fast...

Ich hänge noch in der ersten. Irgendwie ist das Buch ja recht behäbig (z.B. diese lange Powerpoint-Präsi von Houston), dafür aber stimmungsvoll. Ich lese es ja auf englisch und es wirkt auf mich sehr zur Epoche passend, was es aber nicht unbedingt leicht zu lesen macht. (Ich bin froh über das eingebaute Wörterbuch im Kindle Eingefügtes Bild ).

Aber aufgrund der sonst sehr stimmungsvollen Sprache finde ich dies:

"er hatte sie zweimal auf der Chaiselongue [...] gefickt"

tatsächlich ebenfalls sehr unpassend. Im Original heißt es:

He'd had her twice on the chaise behind their table in the Argyll Rooms, and once again in Grand's.

Also deutlich dezenter und passender, wie ich finde.

Bearbeitet von methom, 12 April 2012 - 21:55.

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#13 Trurl

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Geschrieben 12 April 2012 - 23:25

So ich bin jetzt mitten im 3. Kapitel. Es ist noch immer nicht allzu viel passiert und ich blicke immer noch nicht durch. Aber es ist dennoch seltsam. Mir gefällt der Roman. Die Geschichte entwickelt einen merkwürdigen Reiz, obwohl handlungsmässig wenig vorangeht.

Insgesamt finde ich das Setting stimmungsvoll beschrieben und bis auf eine Ausnahme fühlte ich mich auch gut in ein alternatives London des 19.Jahrhunderts versetzt.

Dem stimme ich zu.
Mir gefällt ebenfalls der bildhafte Stil, der vor allem auch sprachlich der Zeit des 19. Jhd. angepasst scheint (wenn mein Sprachgefühl mich nicht völlig im Stich lässt) und stimmungsvoll in die diese viktorianische Parallelwelt einführt. Ich kann sie mir sehr gut vorstellen. Die Autoren lassen sich zwar sehr viel Zeit mit der Entwicklung ihrer Geschichte und beschreiben vieles was auf den ersten möglicherweise auch zweiten Blick nebensächlich oder überflüssig erscheint. Das Dampfwagenrennen beispielsweise. Im Moment kommt mir die Geschichte noch etwas fragmentarisch vor. Es fehlt ein wenig der rote Faden. Zwar wird es nie langweilig, aber die Geschichte packt einen auch nicht. Es sind mehr die kleinen Dinge die das Interesse wachhalten.

Ein kleines Highlight für mich als Dinofan war der Disput Mallorys mit dem stellvertretenden Kurator im geologischen Museum um die korrekte Darstellung des Apatosaurus. Mallory vertritt hier eine sehr moderne Sichtweise der Physiologie und der Bewegungsmöglichkeiten von Dinosauriern, die erst so ab den 1960er Jahren aufkam, als man erstmals die Möglichkeit in Betracht zog, dass Dinosaurier zu einer aktiveren Lebensweise fähig sein könnten.


Interessant finde ich die Anregung von Herrn Oliphant auf Seite 141, dass man die zur Verfügung stehende Rechenleistung einsetzten könnte, um Untersuchungen über die Gesellschaft anzustellen. Ich vermutet das, da ein wenig die Überlegung dahinter steckt mit genügend Rechenleistung könnten man die Entwicklung der Gesellschaft voraussagen.

Fand ich auch interessant diese Abschweifung. Ein wenig Psychohistorie im 19. Jhd und möglichweise der Wunsch nach umfassender Kontrolle gesellschaftlicher Vorgänge durch deren Vorhersage ...

LG Trurl
»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#14 Naut

Naut

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Geschrieben 13 April 2012 - 06:41

Ein kleines Highlight für mich als Dinofan war der Disput Mallorys mit dem stellvertretenden Kurator im geologischen Museum um die korrekte Darstellung des Apatosaurus. Mallory vertritt hier eine sehr moderne Sichtweise der Physiologie und der Bewegungsmöglichkeiten von Dinosauriern, die erst so ab den 1960er Jahren aufkam, als man erstmals die Möglichkeit in Betracht zog, dass Dinosaurier zu einer aktiveren Lebensweise fähig sein könnten.

Dazu eine kleine Zwischenfrage: In meiner Ausgabe von 1988 ist vom "Landleviathan" die Rede und ich konnte diesen damals als Brontosaurus (der damals noch geläufige Name) identifizieren. Wurde das in der neuen Übersetzung auf Apatosaurus geändert? Fänd ich seltsam - obwohl es ja denkbar ist, dass im Original schon korrekt Apatosaurus steht und Heyne in der ersten Übersetzung das in Brontosaurus änderte, in der Annahme, dass der normale Leser ja zu dumm sein könnte, um den Zusammenhang zu verstehen.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#15 Trurl

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Geschrieben 13 April 2012 - 08:24

Dazu eine kleine Zwischenfrage: In meiner Ausgabe von 1988 ist vom "Landleviathan" die Rede und ich konnte diesen damals als Brontosaurus (der damals noch geläufige Name) identifizieren. Wurde das in der neuen Übersetzung auf Apatosaurus geändert? Fänd ich seltsam - obwohl es ja denkbar ist, dass im Original schon korrekt Apatosaurus steht und Heyne in der ersten Übersetzung das in Brontosaurus änderte, in der Annahme, dass der normale Leser ja zu dumm sein könnte, um den Zusammenhang zu verstehen.

Ähm, auch in meiner neuen Ausgabe steht Brontosaurus und es ist auch vom Landleviathan die Rede. Da aber die korrekte heutige Bezeichnung Apatosaurus ist, habe ich als alter Besserwisser diesen Namen benutzt. Eingefügtes Bild Im Grunde ist das ja egal: Brontosaurus, Apatosaurus, ... ich habe diesen Dino als Kind auch als Bronto kennengelernt ... Erstaunlich ist nur, dass Mallory bereits auf die auch heute vertretene Idee kommt, Dinos wären aktive Tiere gewesen. Ich glaube, das war im 19. Jhd. noch ausserhalb jeder Vorstellung. Damals wurden Dinos auch anatomisch teilweise völlig falsch rekonstruiert.

Bearbeitet von Trurl, 13 April 2012 - 08:24.

»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

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#16 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 13 April 2012 - 19:01

Erstaunlich ist nur, dass Mallory bereits auf die auch heute vertretene Idee kommt, Dinos wären aktive Tiere gewesen. Ich glaube, das war im 19. Jhd. noch ausserhalb jeder Vorstellung. Damals wurden Dinos auch anatomisch teilweise völlig falsch rekonstruiert.


Eingefügtes Bild
Das ist nicht ganz richtig:

In den späten sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden Professor Owens große, elefantenartige Dinosauriermodelle seitens anderer Wissenschaftler heftig kritisiert, allen voran Thomas Huxley. Dieser konnte kleine, sehr agile Dinosaurier wie den Hypsilophodon beschreiben, der dann in Südengland neu entdeckt wurde.
...
Das Bild der Dinosaurier, das sich durch die Arbeit von Edward Drinker Cope, Thomas Henry Huxley und Louis Dollo abzuzeichnen begann, war ein lebhaftes. "Ihre" Tiere waren in aktiven Posen abgebildet, und die unwillkürliche Assoziation mit Vögeln -besonders agilen Lebewesen- trug nichts dazu bei, von diesem allgemeinen Eindruck abzulenken. So stellt man erstaunt fest, daß just zur gleichen Zeit andere Paläontologen die Urreptilien ganz anders, nämlich als langsame, plumpe und dumme Kreaturen, darstellten. Diese Sichtweise, die in mehrfacher Hinsicht auf Owens Theorien basierte, traf eine sehr breite Akzeptanz und beeinflußt selbst heute noch die Vorstellungen vieler Menschen.

aus

David Norman
Dinosaurier(Dinosaurus!)
1991
Kapitel
Elefantenartige Reptilien
Von Känguruhs und Vögeln
Dumme, schneckenhafte Reptilien?
Verzerrte Monster
Faultierhafte Fleischfresser?
S. 108 - 122
Eingefügtes Bild

und um den Bogen wieder zurück zu Babbage zu kriegen Eingefügtes Bild: In dieser Ausstellung http://www.arithmeum.uni-bonn.de/de/museum/ kann man eine Differenzmaschine sehen.

Bearbeitet von Jorge, 13 April 2012 - 19:07.


#17 Trurl

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Geschrieben 13 April 2012 - 20:15


Eingefügtes Bild
Das ist nicht ganz richtig:

(...)

David Norman
Dinosaurier(Dinosaurus!)
1991
Kapitel
Elefantenartige Reptilien
Von Känguruhs und Vögeln
Dumme, schneckenhafte Reptilien?
Verzerrte Monster
Faultierhafte Fleischfresser?
S. 108 - 122
Eingefügtes Bild

Danke!
Und verflixt ... das hätte ich auch selbst nachlesen können ...

Ich hatte nur in Erinnerung, dass der Iguanodon früher ganz anders rekonstruiert wurde, als ein plumpes schwerfälliges Wesen. Auch gibt es ein berühmtes Panorama-Gemälde von Rudolph Zallinger aus den 1940er Jahren ("The Age of Reptiles"), in dem der Brontosaurus noch als Sumpfwesen, im Wasser stehend dargestellt wurde.
Tja, ich dachte, dass erst die Gruppe um Ostrom und vor allem Robert Bakker mit dem Mythos der schwerfälligen Echsen aufräumten.

Bearbeitet von Trurl, 13 April 2012 - 22:24.

»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

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#18 klox

klox

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Geschrieben 14 April 2012 - 11:43

Ich bin nun durch. Auch wenn mir immer noch nicht klar geworden ist was auf den mysteriösen Lochkarten gespeichert ist, hat mir die Geschichte gut gefallen. Zum Ende hin gab es ziemlich viel Aktion mit Mallory. Auch die Aufdeckung der Geschichte durch Oliphant war interssant. Und außderem wurde letztendlich klar warum Sybil, aus der ersten Iteration, in dieser Geschichte auftaucht. Die ausfürhlichen Schilderungen von Technik, Kultur und Gesellschaft in dieser Alternativwelt waren manchmal ein wenig langweilig. Ich könnte mir aber auch gut vorstellen das 1990 solche Beschreibungen intressanter waren. Steampunk war zu diesem Zeitpunkt ja noch am Anfang, und es hatten sich noch nicht soviele Autoren zu diesem Thema Gedanken gemacht. Das Bestätigt leider die Meinung das selbst Klassiker in der Science Fiction eine starke Abnutzung Erscheinung, manchmal sogar ein Verfallsdatum haben.

#19 Seti

Seti

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Geschrieben 14 April 2012 - 17:33

So, ich nähere mich dem Ende der dritten Iteration. Langsam kommt Licht ins Dunkel, auch wenn dennoch ein paar Fragen bestehenbleiben, aber dazu später...

Drei Szenen sind mir besonders im Gedächtnis geblieben:
- Das Zentralamt für Statistik, das mich von der äußeren Beschreibung (Pyramidenform) sehr an die Ministerien in George Orwells 1984 erinnerte. Und auch wenn die Grundstimmung des Romans nicht den Eindruck vermittelt, so scheint es sich bei diesem alternativen Empire doch eindeutig um einen Überwachungsstaat zu handeln, in dem jedem Bürger eine Nummer zugeordnet ist und alle Auffälligkeiten in einer Akte vermerkt werden.
- Das "Kaffeekränzchen" bei Oliphant, bei dem japanische Gesandte nebst einem Automaton am Tisch saßen. Es hätte mich auch gewundert, wenn in einem Buch von Gibson kein Japaner vorkommen würde. Aber das ist keineswegs abwertend gemeint, da er oftmals wirklich interessante Einblicke in die japanische Kultur gibt (z.B. wüsste ich ohne Gibsons Bücher nicht, was otaku oder gomi bedeutet). Auch wenn ich sagen muss, dass die Japaner hier wohl nur Beiwerk waren.
- Die Schreibmaschine von Disraeli bzw. Mallorys Erklärungen, wie man mittels Schere und Klebestreifen sozusagen eine primitive Textverarbeitung daraus macht. Herrlich Eingefügtes Bild

Was ich mich allerdings nachwievor frage, ist:
- Wie kam Lady Ada Byron erneut in den Besitz der französischen Lochkarten, die doch eigentlich von Sybil Gerard nach Paris geschickt wurden?
- Wer genau hat General Houston damals aus Texas vertrieben - die Soldaten der Nordstaaten-Union oder haben die Texaner selbst ihren Präsidenten aus dem Land verjagt? Und was genau hat dies mit dem Waffenschmuggel von Mallory und Rudwick zu tun?

Im Original heißt es:
"He'd had her twice on the chaise behind their table in the Argyll Rooms, and once again in Grand's."
Also deutlich dezenter und passender, wie ich finde.

Da frag ich mich, was sich an der Stelle der Übersetzer gedacht hat... Das F-Wort wäre ja eventuell sogar in dieser Zeit vorstellbar, wenn es z.B. aus dem Mund eines Matrosen in einer Hafenspelunke kommen würde. Aber bei einer Tochter aus gutem Hause, die durch widrige Umstände in die Prostitution geraten und ansonsten sehr auf ihre Wortwahl bedacht ist, scheint es out of character. Na egal, ich verbuche es einfach als Übersetzungs-Fauxpas.

Ein kleines Highlight für mich als Dinofan war der Disput Mallorys mit dem stellvertretenden Kurator im geologischen Museum um die korrekte Darstellung des Apatosaurus.

Da ich als kleiner Junge (wie wahrscheinlich 90% aller kleinen Jungen) alles zum Thema Dinosaurier verschlungen habe, was ich finden konnte, halte ich einen Paläontologen aus der Blütezeit der Dinosaurierdiskurse als Hauptfigur auch für eine tolle Wahl. So sind für mich selbst Unterhaltungen über die Stellung der Beinknochen eines Bronto-/Apatosaurus interessant zu lesen.

Interessant finde ich die Anregung von Herrn Oliphant auf Seite 141, dass man die zur Verfügung stehende Rechenleistung einsetzten könnte, um Untersuchungen über die Gesellschaft anzustellen. Ich vermutet das, da ein wenig die Überlegung dahinter steckt mit genügend Rechenleistung könnten man die Entwicklung der Gesellschaft voraussagen. Leider habe ich nur das ungute Gefühl, dass dieser Gedanke nicht fortgesetzt oder in die Tat umgesetzt wird.


Fand ich auch interessant diese Abschweifung. Ein wenig Psychohistorie im 19. Jhd und möglichweise der Wunsch nach umfassender Kontrolle gesellschaftlicher Vorgänge durch deren Vorhersage ...

Zumindest Gibson (bei Sterling weiß ich es nicht) hat diesen Gedanken ein paar Jahre später in seiner Idoru-Trilogie noch einmal aufgegriffen und weitergeführt. Ich hab dazu auch schonmal hier einen Thread eröffnet... und hab gerade gesehen, dass Trace damals auch dort gepostet hat...

In Gibsons vorletztem Roman Quellcode hat er dieses Thema übrigens noch einmal angeschnitten, wenn auch nur am Rande - und da dieser Roman in der Gegenwart spielt, bezog er sich auch konkret auf die Prozedur des Data-Mining, die ja in die selbe Richtung geht.

Seti

"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

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#20 methom

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Geschrieben 14 April 2012 - 19:02

Ich überfliege eure Beiträge jetzt nur noch, denn ich habe gestern erst die erste Iteration beendet. Ein wenig ratlos bleibt man da ja schon zurück. Insbesondere, da es nach euren Beiträgen ja jetzt erst einmal mit anderen Figuren weitergeht. Ich hoffe, da schließt sich noch irgendwo der Kreis.

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#21 Gamera

Gamera

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Geschrieben 15 April 2012 - 10:15

Ich habe mein Buch seit gestern erst, das Paket lag bei den Nachbarn, die verreist waren, so was! Somit fange ich heute an zu lesen, wann beendet ihr die Runde denn endgültig?

#22 methom

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Geschrieben 15 April 2012 - 11:26

Prinzipiell bleibt die für immer offen. Ist nur die Frage, wie lange du noch Mitdiskutanten findest. Aber ich habe ja auch erst das erste Kapitel geschafft.

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#23 Trace

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Geschrieben 15 April 2012 - 18:07

Bin auch durch. Ich fand den letzten Teil "Modus" zu sehr zerstückelt aber er hat ein bar lose Enden verbunden. Das Nachwort meiner Ausgabe von Michael Negula war auch informativ. Ich dachte immer Konrad Zuse hatte den ersten mechanischen Rechner erfunden aber Charles Babbage hatte die Idee wohl schon ein paar Jahre früher.

Insgesamt finde ich das Buch recht unterhaltend aber so richitg hat mich Steampunk nicht gepackt. Gibt es da auch Romane bei denen mehr auf die Technik eingegangen wird? Die Darstellungen zu den sozialen Folgen der Industrialisierung haben mir gut gefallen.

Auch wenn mir immer noch nicht klar geworden ist was auf den mysteriösen Lochkarten gespeichert ist, hat mir die Geschichte gut gefallen.


Dazu was auf den Lochkarten genau steht kann ich nur mutmaßen aber ich denke mal, dass es sich um eine Endlosschleife handelt und man bei dem Großen Napoleon keine Reset Taste vorgesehen hat.

Was ich mich allerdings nachwievor frage, ist:
- Wie kam Lady Ada Byron erneut in den Besitz der französischen Lochkarten, die doch eigentlich von Sybil Gerard nach Paris geschickt wurden?


Das ist eine gute Frage. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass ich dazu etwas gelesen habe.

#24 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 17 April 2012 - 13:03

Hallo zusammen,

uff, bis auf das Namedropping fand ich nichts Interessantes an der "Differenzmaschine". Sprünge im Stil, verschwindende Figuren. Eine sich mehr und mehr zerfasender Handlung, die mit Nebensächlichkeiten aufzufüllen versucht wird (Was soll es mir als Leser sagen, dass Mallory im Vollsuff bei einer Prostituierten unterkriecht? Oder dass Sybil einen Schal klaut?).

Als Alternativweltroman gelesen machen die realen Personen jedoch wirklich Spaß.

Und gewiss wird es viele Anleihen bei zeitgenössischen Schriftstellern des Handlungszeitraums geben. Aber da findet sich in meinen Bücherregalen nichts. Entsprechend blieb auch da das Lesevergnügen auf der Strecke.

Steampunk? Ja, die Idee mechanischer Computer hat was. Aber der Rest, Dampfautos, U-Bahn etc., haut mich nicht um. Man ersetze Dampf durch Benzin und ist samt zugehöriger Umweltverschmutzung im Hier und Jetzt.

Ach je, und das ganze Verschwörungsgedöns ... Eingefügtes Bild

Hätte den Roman fast nicht zu Ende gelesen. Und bin froh, dass mir der Roman seinerzeit nicht untergekommen ist, denn sonst hätte ich die folgenden Gibsons mit einiges an Misstrauen in die Hand genommen.

Viele Grüße
Tobias
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"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

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#25 Trurl

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Geschrieben 17 April 2012 - 14:11

uff, bis auf das Namedropping fand ich nichts Interessantes an der "Differenzmaschine".

Tja, die Geschmäcker sind halt unterschiedlich, was den einen langweilt, findet der andere spannend ...

Ich sehe es ein bisschen differenzierter ... Eingefügtes Bild

So nach der Hälfte des Romans möchte ich eine kurze Zwischenbilanz ziehen. Mittlerweile scheint sich eine Verschwörung herauszukristallisieren. Das ist es allerdings nicht, was mich an dem Roman fasziniert, sondern mit welcher Akribie die Autoren diese Parallelwelt glaubhaft ausgearbeitet haben. Das Britische Empire der Differenzmaschine ist eine Welt, die in einem anderen Universum durchaus hätte Realität werden können. Insofern finde ich, ist der Roman mehr Alternate History als moderner Steampunk, von dem es sich auch dadurch unterscheidet, dass der Schwerpunkt weniger auf einer abenteuerlichen bis phantastischen Handlung liegt, bei der es mehr auf Spannung und Dramatik ankommt (die hier zugegebenermaßen etwas kurz kommt, was mich aber nicht weiter stört), sondern auf den Realismus und die Authentizität des Szenarios. Und was die Authentizität angeht, gefällt mir das Interesse der Autoren an wissenschaftlicher und historischer Plausibilität ausnehmend gut. Auch haben sie, so weit ich es beurteilen kann, gut recherchiert. Einige wissenschaftliche Auseinandersetzungen, die im Buch erwähnt werden, wie die Dinosaurier-Kontroverse, haben in der Realität tatsächlich stattgefunden (ich hab’s inzwischen nachgelesen, Thomas Henry Huxley war damals ein herausragender Protagonist der Theorie agiler Dinosaurier).

Inzwischen erfährt man einiges mehr über die politische Situation in Britannien und Amerika. Letzteres scheint noch weit davon entfernt die "Vereinigten Staaten von Amerika" zu sein und soll es, wenn es nach dem Willen mächtiger politischer Gruppierungen im Britischen Empire geht, auch nie werden.

In Britannien scheint inzwischen eine Revolution stattgefunden zu haben, die zur Entmachtung des Adels und zum Aufstieg des Bürgertums und eines neuen Geld-Adels geführt haben. Regiert wird das Land von der mächtigen Radikalen Partei, die sich als Förderer der Wissenschaften und der Technik erweist. Das Empire ist zu einer Nation geworden, die sich voll und ganz dem wissenschaftlichen Fortschritts verschrieben hat. Dies führte anscheinend auch zu einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des einfachen Volkes. Mallory ist dafür ein gutes Beispiel. Obwohl aus einfachen Verhältnissen und einer kinderreichen Familie stammend, ermöglichten ihm die Reformen der Radikalen Partei ein Studium und eine wissenschaftliche Karriere. Das neue politische System scheint also auf den ersten Blick die sozialen Verhältnisse zum Positiven gewandelt zu haben. Ich vermute aber, dass irgendwo noch ein Haken versteckt ist.


EDIT: Als diesen Thread wieder einmal gelesen habe, bin ich über meine eigene hakeligen Formulierungen gestolpert. Ich habe deshalb meinen eigenen Text lektoriert und flüssiger und lesbarer gemacht. Das konnte ich einfach nicht so stehen lassen.



LG Trurl

Bearbeitet von Trurl, 27 September 2014 - 09:29.

»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#26 Amtranik

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Geschrieben 17 April 2012 - 14:27

Ich möchte mich nachdem ich den Roman etwas " sacken " gelassen habe dem Urteil von T. Lagemann anschliessen. So wirklich vergnüglich war das für mich wirklich nicht. Mir fehlte da irgendwie eine stimmige Romanhandlung. Schlaglichartig hintereinandergestückelte Szenen aus einer alternativen Welt. Es fehlt völlig die spannende fortlaufende Romanhandlung. Eine Idee für einen Steampunk Roman zu haben und eine Welt mit allerlei Gimmicks zu erschaffen reicht als Selbstzweck da nicht um eine gute Geschichte zu erzählen. Und der Klappentext meiner neuen Heyne-Ausgabe schiesst ja wieder mal den Vogel ab. " Eine Zeit in der Computer das Leben der Menschen beherrschen" oder " Eine Zeit in der ein perfektioniertes Überwachungssystem jeden Winkel der Welt erfasst hat"....aha. Na ein Glück das dies auf dem Buchrücken steht denn im Roman suchte ich besagte vergeblich. Weder kann ich konstatieren das es wirkt als beherrschten Computer das Leben, noch ist mir ein bis ins letzte Winkelchen von Antarktis, Sibirien oder Timbuktu reichendes Überwachungssystem aufgefallen...- das läßt mich doch ein wenig ratlos zurück. Ich hab da irgendwie nen anderen Roman gelesen. Ich bin sehr sicher Steampunk hat mehr zu bieten als dieser Roman.

Bearbeitet von Amtranik, 17 April 2012 - 14:28.


#27 methom

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Geschrieben 17 April 2012 - 19:32

Ich habe es mehrmals versucht, aber irgendwie gelingt es mir im Moment nicht, mich in die zweite Iteration zu stürzen. Die Vorstellung, es jetzt mit komplett anderen Figuren zu tun zu bekommen, lässt mich jedes Mal wieder zurückschrecken. Irgendwie ist das Buch nicht so ganz mein Fall. Ich kann nicht genau erklären, wieso. Vielleicht geht es in diese Richtung:

Ich möchte mich nachdem ich den Roman etwas " sacken " gelassen habe dem Urteil von T. Lagemann anschliessen. So wirklich vergnüglich war das für mich wirklich nicht. Mir fehlte da irgendwie eine stimmige Romanhandlung. Schlaglichartig hintereinandergestückelte Szenen aus einer alternativen Welt. Es fehlt völlig die spannende fortlaufende Romanhandlung. Eine Idee für einen Steampunk Roman zu haben und eine Welt mit allerlei Gimmicks zu erschaffen reicht als Selbstzweck da nicht um eine gute Geschichte zu erzählen.


Ich glaube, ich werde jetzt erst einmal etwas anderes lesen.

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#28 Seti

Seti

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Geschrieben 19 April 2012 - 19:43

Ich bin jetzt kurz vor dem Ende der fünften Iteration.

Gegen Ende der dritten und über den gesamten Verlauf der vierten Iteration wurde mMn der Ausnahmezustand Londons eindrucksvoll - durch die Unruhen und dem wütenden Mob, der marodierend durch die düsteren Straßen der Stadt zieht - beschrieben.
Die Sexszene mit Hetty zwischendurch war so ziemlich das komplette Gegenteil von allem, was ich als erotisch bezeichnen würde. Aber die Zurschaustellung von Mallorys animalischen Trieben (und das gleich mehrfach) hätte wahrscheinlich Lord Darwin sehr stolz gemacht Eingefügtes Bild .
Die Szene im Lagerhaus mitsamt der Schießerei am Ende brachte dann noch eine ordentliche Portion Action ins Spiel. Obwohl ich gerade bei Actionszenen oftmals das Problem habe, dass das Set in meinem Kopfkino irgendwie den Beschreibungen des Autors widerspricht. Besonders bei Richtungsangaben, wo ich mich dann bei Sätzen wie "Kugeln zischten von links heran" frage, warum in meinem Set da eine Wand steht. Aber das ist ein anderes Thema... Eingefügtes Bild

Der Wechsel zu Oliphant in der fünften Iteration war zwar ungewohnt, bietet aber - wie ich feststelle - eine gute Möglichkeit Licht in die bisher geschehenen Ereignisse zu bringen. Bin schon auf die Auflösung gespannt...

uff, bis auf das Namedropping fand ich nichts Interessantes an der "Differenzmaschine". Sprünge im Stil, verschwindende Figuren. Eine sich mehr und mehr zerfasender Handlung, die mit Nebensächlichkeiten aufzufüllen versucht wird (Was soll es mir als Leser sagen, dass Mallory im Vollsuff bei einer Prostituierten unterkriecht? Oder dass Sybil einen Schal klaut?).

Manche Szenen hätte man sicherlich weglassen oder abkürzen können, da stimme ich dir zu, aber als eine zerfasernde Handlung empfinde ich es eigentlich nicht. Ich sehe es bisher eher als eine dreiteilige Handlung (Sybils Flucht, Mallorys Kreuzzug gegen seine Verleumdung, Oliphants Aufklärung), bei der die Lochkarten Ada Byrons das umrahmende Netz bilden. Und dieses wird durch verschiedene Querverweise mittels wiederkehrender Personen oder nochmals aufgerollter Ereignisse langsam entsponnen.

Steampunk? Ja, die Idee mechanischer Computer hat was. Aber der Rest, Dampfautos, U-Bahn etc., haut mich nicht um. Man ersetze Dampf durch Benzin und ist samt zugehöriger Umweltverschmutzung im Hier und Jetzt.

Da muss ich dir zum Teil recht geben - ich habe vor dem Lesen auch mit Erfindungen gerechnet, die nicht nur auf eine vorgezogene Neuzeit hindeuten, sondern etwas völlig Eigenständiges sind. Allerdings könnte ich nicht wirklich spezifizieren, was mir da so vorschwebte. Auf jeden Fall kann man sagen, dass das Label Alternative History deutlich besser als Steampunk auf den Roman passt.

Ach je, und das ganze Verschwörungsgedöns ... Eingefügtes Bild

Hätte den Roman fast nicht zu Ende gelesen. Und bin froh, dass mir der Roman seinerzeit nicht untergekommen ist, denn sonst hätte ich die folgenden Gibsons mit einiges an Misstrauen in die Hand genommen.

Da verstehe ich dich nicht ganz. Verschwörungen ziehen sich doch wie ein roter Faden durch Gibsons Werke - mal ist es ein Josef Virek mit KI-gefertigten Schaukästen, dann ein Cody Harwood mit Nano-Assembler-Faxgeräten oder ein Hubertus Bigend mit einem verschollenen Frachtcontainer... Und in diesem Roman eine Lady Ada mit einem Kasten voller Lochkarten...

Und der Klappentext meiner neuen Heyne-Ausgabe schiesst ja wieder mal den Vogel ab. " Eine Zeit in der Computer das Leben der Menschen beherrschen" oder " Eine Zeit in der ein perfektioniertes Überwachungssystem jeden Winkel der Welt erfasst hat"....aha. Na ein Glück das dies auf dem Buchrücken steht denn im Roman suchte ich besagte vergeblich.

Dass Romane (fast?) nie halten können, was ihre Klappentexte versprechen, fällt mir auch immer wieder auf. Es steht außer Frage, dass der Klappentext völlig an der Intention des Romans vorbeigeht. Aber zumindest ein ansatzweise vorhandenes Überwachungssystem (natürlich nicht so ausgeprägt) lässt sich schon ausmachen. Es wird bei Mallorys Besuch des Statistikamtes gesagt, dass über jeden Bürger eine Akte vorliegt, die allerhand Informationen enthält, auch wenn man bei einem normalen Bürger über den Inhalt nur mutmaßen könnte, da der Leser einzig etwas über den Inhalt der Verbrecherakte von Florence Bartlett erfährt. Bei Oliphants Besuch wird dann angedeutet, dass jede telegrafische Übertragung aufgezeichnet wird. Und beides in Verbindung mit den früheren Aufständen der Ludditen und der Hinrichtung ihrer Anführer deutet schon auf einen Überwachungsstaat hin.

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"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

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#29 Trace

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Geschrieben 20 April 2012 - 16:34

Das mit dem Überwachungsstaat ist mir gar nicht so sehr ins Bewusstsein gerückt. Vielleicht lag es daran, dass der Dr. Mallory von dem System profitierte und nicht direkt der Verfolgte war. Obwohl er auch von den zwei Ganoven verfolgt und angegriffen wurden. Das spricht aber eher nicht für den Überwachungsstaat, da diese ja von einer Privatperson angeheuert wurden. Erst wenn Oliphant nach Frankreich reisen will, merkt man etwas von dem Überwachungsstaat und das Oliphant auch Angst davor hat. Er schickt seine Post an seinen französischen Freund per Botschaftskurier und nicht elektronisch, er organisiert sich Bargeld bei einem Bekannten aus einem Tesor und kauft Fahrkarten auf seinen Namen, um dann sich andere mit Bargeld zu kaufen und wechselt auf dem Schiff noch einmal die Klasse. Als scheint da schon eine Menge dran zu sein. Aber in dem Roman konnte man vielleicht viel mehr die "Vorteile" eines Überwachungsstaates erfahren.

#30 Amtranik

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Geschrieben 21 April 2012 - 11:03

Das mit dem Überwachungsstaat ist mir gar nicht so sehr ins Bewusstsein gerückt. Vielleicht lag es daran, dass der Dr. Mallory von dem System profitierte und nicht direkt der Verfolgte war. Obwohl er auch von den zwei Ganoven verfolgt und angegriffen wurden. Das spricht aber eher nicht für den Überwachungsstaat, da diese ja von einer Privatperson angeheuert wurden.
Erst wenn Oliphant nach Frankreich reisen will, merkt man etwas von dem Überwachungsstaat und das Oliphant auch Angst davor hat. Er schickt seine Post an seinen französischen Freund per Botschaftskurier und nicht elektronisch, er organisiert sich Bargeld bei einem Bekannten aus einem Tesor und kauft Fahrkarten auf seinen Namen, um dann sich andere mit Bargeld zu kaufen und wechselt auf dem Schiff noch einmal die Klasse. Als scheint da schon eine Menge dran zu sein.
Aber in dem Roman konnte man vielleicht viel mehr die "Vorteile" eines Überwachungsstaates erfahren.



In jedem Falle ist die Buchrückenzusammenfassung diesbezüglich irreführend und weckt mindestens falsche Erwartungen zum Romantext. Aber was solls. Das ist heutzutage so sehr üblich das es besser ist diese Klappentexte generell zu ignorieren.



Auch mit einem oder mehreren dieser Stichwörter versehen: Lesezirkel, Klassiker, April 2012, Steampunk

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